Oktober 2022 – reparieren statt amputieren

Verletzungen durch Granatsplitter verursachten schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg immenses Leid und vor allem lebenslange Folgen im Sinne der „Kriegsversehrung“ – für die, die überlebten. Amputierte Gliedmassen, vor allem ganze Beine oder „nur“ Unterschenkel waren ausserordentlich häufig und geradezu ein Kennzeichen der Heimkehrer von der Front. Neben dem menschlichen Leid sind nicht arbeitsfähige, aber zu versorgende Kriegsverwundete, so kalt das auch klingen mag, auch ein wirtschaftlicher Faktor in Zeiten des Wiederaufbaus – Deutschland, die USA, Viet Nam, Ruanda, Angola und Dutzende andere Länder sind erschütternde Beispiele dafür.

Das hat sich bis heute nicht geändert – im Gegenteil, die Waffenindustrie hat sogar Sprengkörper entwickelt, deren Ziel es ist, möglichst viele und möglichst schwere derartige Verletzungen hervorzurufen. Sie werden als Splitterbomben bezeichnet und sind im Gegensatz zu Streubomben nicht geächtet (weil sie das kriegsrechtlich legitime Ziel der Zerstörung von Fahrzeugen etc. haben). Je kleiner die Splitter sind und je mehr kleines Splittermaterial in den Bombenmantel integriert wird, desto eindeutiger sind diese Streubomben gegen Personen gerichtet, und genau so werden sie im Ukraine-Krieg verwendet, in dem der Angreifer Russland auch sonst in brutalster Weise alle Konventionen missachtet z.B. durch Zerstörung von Trinkwasser- und Energieanlagen zu Lasten der Zivilbevölkerung.

Die engagierten und hervorragend aussgebildeten ukrainischen Ärztinnen und Ärzte, die seit Februar über sich hinaus wachsen und unter unvorstellbaren Bedingungen Unvorstellbares leisten, sind fachlich selbstverständlich in der Lage, schwere und schwerste derartige Verletzungen nach dem Stand der Kunst zu behandeln. Woran es allerdings zunehmend fehlt, sind spezielle Materialien, im Falle der Splitterverletzungen zum Beispiel Gefässersatzmaterial, das oft genug über den Unterschied zwischen Wiederherstellung der Blutbahn eines verletzten Gliedes und Amputation entscheidet.

EFI konnte über die inzwischen gut etablierten Beschaffungswege (danke wieder einmal an das Team der Kreisklinik Ebersberg, die ihrer Rechtsform als gemeinnützige Gesellschaft Ehre macht) für mehrere Tausend Euro derartiges Ersatzmaterial (Goretex-Prothesen und Patches) beschaffen und auf den „Ameisenweg“ in ein ukrainisches Krankenhaus bringen. Wir hoffen, dass damit einige Amputationen vermieden und zum Überleben einiger schwer Verletzter beigetragen werden kann.

 

September 2022 – die „Ameisen-Route“ funktioniert

Während unsere grösseren Transporte mit den grossen LKW´s auf den grossen Strassen nicht immer besonders zügig voran kommen (vom letzten 40-Tonner, der am 09. August mit dem Ebersberger Material und weiteren Paletten beim Verein Begegnungen mit Menschen in Soyen beladen und auf den Weg gebracht worden ist, wissen wir bisher nur, dass er eine Woche später die Ukraine errreicht hat; von den „Endverbrauchern“ haben wir bis heute keine Nachricht), geht es bei unseren Kleintransporten, dem „Ameisen-Pfad“, schneller und zielgenau.

Anfang August hatte sich erneut ein privater Transportweg ergeben, den wir über das persönlichen Netzwerk über Ebersberg umleiten konnten. Den nicht zu grossen Kombi füllte EFI aus seinen inzwischen wirklich allerletzten Beständen mit mehreren Hundert Beatmungstuben, Larynxmasken (ebenfalls zur Beatmung), Ambu-Beuteln, Beatmungsschläuchen, Infusionsbestecken, Venenkanülen, Guedel- und Wendl-Tuben (Atem-Hilfsmittel), vieles davon in Kinder- und Säuglingsgrössen, sowie einem restlichen Kontingent Lokalanästhetika.

Der Zielort war diesmal besonders sensibel (schon im Juli hatten wir eine Lieferung in das damals unter schrecklichen Angriffen liegende Mariupol durchgebracht), nämlich Saporischija, das wegen seines riesigen Atomkraftwerkes und wegen der Art und Weise, wie es in völliger Menschenverachtung als „Spielmaterial“ in diesem brutalen Krieg behandelt wird, derzeit in aller Munde ist.

Umso grösser war die Erleichterung und Freude, als unser ukrainischer Kollege und Verbindungsmann Volodymyr Kobetskyi uns Anfang der Woche berichten konnte, dass sämtliches Material die geplanten Empfänger erreicht hat und dass gerade die Kinder-Ausrüstung einen riesigen Mangel wenigstens vorübergehend beheben konnte.

Wir danken allen, die auf diesen Transport-Fahrten nicht nur ihre Zeit einsetzen, sondern auch ein nicht geringes Risiko für Leib und Leben auf sich nehmen. Nur wenn alle, die der unmenschlichen russischen Aggression nicht tatenlos zusehen wollen, einen kleinen Beitrag leisten, jeder nach seinen Möglichkeiten, kann Einfluss genommen oder wenigstens eine eindeutige Haltung ausgedrückt werden. Wir von EFI machen jedenfalls weiter, so gut wir können.

August 2022 – zwei Rettungswägen für die Ukraine

Über einen persönlichen Draht – ukrainischer Kollege aus Ebersberg mit ukrainischer Freundin in Hamburg mit Mitgliedschaft im neu gegründeten Verein „United for Ukraine UfU“ – hat EFI sich um die Beschaffung von zwei gebrauchten Krankenwägen gekümmert. Die Organisation „United for Ukraine“ wird die von EFI und UfU über Firma PHINEO finanzierten Fahrzeuge übernehmen und in die Ukraine bringen.

Eines der beiden Fahrzeuge (ausgemustert vom Bayerischen Roten Kreuz und technisch überprüft) konnte bereits zum Preis von € 7.500.- angeschafft werden und wird – mit Zwischenstop in Polen zur Umrüstung und Ergänzung der Ausstattung – in den nächsten Tagen auf den Weg gehen, begleitet von der ukrainischen Partnerin Angelina Jamsched vom Verein „United for Ukraine“. Für einen zweiten Krankenwagen laufen die Vorbereitungen noch – wir werden weiter berichten.

Nachtrag Ende September: das erste Fahrzeug ist mittlerweile in Polen aufgerüstet worden und konnte schon in der zweiten Septemberwoche an die Empfänger in Khmelnytskyi/Zentralukraine übergeben werden. Khmelnytskyi ist eine Stadt von etwa 250.000 Einwohnern (ungefähr wie Aachen, Braunschweig oder Augsburg) und liegt knapp 200 km westlich von Kiew.

Zusätzlich zur Empfangsbestätigung gab es auch noch eine „Ehrenurkunde“ für EFI e.V..

Empfangsbestätigungen und andere derartige Dokumente zu erhalten ist bei Sachspenden nicht immer ganz einfach und gelegentlich unmöglich. Dasselbe Problem kennen wir aber seit langer Zeit auch aus anderen Weltgegenden, in denen eine eher geringe administrative Tradition besteht, z.B. Sierra Leone und andere afrikanische Staaten. Das gilt umso mehr, wenn Ausnahmesituationen wie Hungersnot, Endemie oder Naturkatastrophen hinzu kommen. Oder eben Krieg.

Wir hoffen alle, dass der Rettungswagen gute Dienste leistet, am liebsten nicht mehr lange für Verwundete, sondern bald wieder für im Zivilleben und nach Kriegsende Verletzte und Erkrankte. Ein Danke an Angelina Jamsched, Exil-Ukrainerin aus Hamburg, für ihre erfolgreiche Mühe (und für die Mühe, die sie sich schon für die Vorbereitung des zweiten Fahrzeugs macht)!

August 2022 – der nächste LKW in die Ukraine ist endlich unterwegs

Eine langwierige, für die Verhältnisse eines kleinen Vereins wie EFI sehr komplexe, aber am Ende doch erfolgreiche Aktion hat jetzt am 9. August ihren Abschluss gefunden (was aber keineswegs heissen soll, dass es die letzte Aktivität in diesem Zusammenhang gewesen sein soll):

Drei gemeinnützige Organisationen, EFI, der Verein „Begegnungen mit Menschen BMM e.V.“ und die gemeinnützige GmbH Kreisklinik Ebersberg haben in einer Reihe von teils gemeinsamen, teils getrennten Aktivitäten (Spendenaufrufe, kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte und Lesungen, Info-Abende, Sport-Events, Schulveranstaltungen ect.) ein doch beachtliches Spendenvolumen aufgebracht, insgesamt über € 100.000.-. Dazu kommen Sachspenden aus mehreren Krankenhäusern der Region Ebersberg, Erding und Rosenheim in Form von medizinischem Material, Betten und Matratzen, Medikamenten und einer grossen Menge anderer Güter wie Babynahrung, Lebensmittel und Artikel des täglichen Hygienebedarfs. Zwei Tropfen auf den heissen Stein, und wir sind ja nicht die Einzigen, die etwas zu bewegen versucht haben und versuchen.

Verbindungen in die Ukraine zu Stellen, an denen diese Hilfsgüter dringend gebraucht und ebenso dringend erwartet wurden, hatten wir schon in den ersten Tagen des militärischen Überfalls auf die Ukraine geknüpft, u.a. über die Ukrainische Gemeinde in München, Schönstrasse, über eine Gruppe ukrainischer Ärzte in Wuppertal, über die Schweizer Organisation Osteuropa-Hilfe in Einsiedeln, die erst kürtzlich gegründete Organisation United for Ukraine und nicht zuletzt über ukrainische Ärzte in Rosenheim und Ebersberg. So konnten wir sicher sein, dass unsere Spenden trotz allen logistischen Hindernissen und Risiken den Ort fanden, an dem sie gebraucht wurden. Neben den mehr oder weniger offiziellen Transporten mit LKW´s an grössere, logistisch gut vernetzte Zentralstellen ist es uns auch gelungen, immer wieder kleine Mengen Material und Medikamente über Vertrauenspersonen in Kliniken schwierig zugänglicher Gebiete zu bringen, also z.B. in PKW´s von rückkehrenden Ukrainern nach Mariupol, Saporischschja, Mykolajiv und in andere Städte, die unter dem Raketen- und Artilleriebeschuss besonders litten und leiden und deshalb mit LKW´s nicht zu erreichen waren. Diese „Ameisenstrassen“ bestehen weiter und werden von EFI in unregelmässigen Abständen genutzt – danke an die beteiligten ukrainischen Kollegen!

Eine längere Durststrecke – wir haben darüber berichtet – war zu bewältigen, während derer infolge des Lockdowns der wichtigsten asiatischen Export-Häfen und des erst langsam sich auflösenden Staus in den europäischen Import-Häfen (wobei Medizinprodukte nicht die erste Priorität besitzen und bei der Belieferung mit dem Wenigen, was angekommen ist, NGO´s wie EFI nicht gleich als erste beliefert werden) die eingegangenen Geldbeträge nicht direkt in Hilfsgüter umgesetzt werden konnten.

Letztlich konnten wir jetzt doch nach und nach medizinisches Material im Wert von etwa € 50.000.- von verschiedenen Grosshändlern beschaffen (dabei war die geduldige und aufwendige Unterstützung durch die Einkaufsabteilung der Ebersberger Kreisklinik in Person von Frau C. Werner essentiell, danke, liebe Cordula!) und über die Wasserburger Freunde von BMM e.V. (danke an „Ranger“ Andreas Bauer) mit Sachspenden aus Rosenheim zusammen führen. Am 9. August wurde ein LKW beladen und auf den Weg in die Ukraine gebracht, wir warten nur noch auf die Bestätigung, dass alle Spenden ihr Ziel erreicht haben.

Es ist eine Freude festzustellen, dass in Situationen wie der derzeitigen Netzwerke, persönliche Bekanntschaften, „Ameisen-Wege“ und mehr oder weniger formlose Abläufe zu guten, sinnvollen, gezielten und mehr als nur einmaligen, punktuellen Aktivitäten führen; dass die Zusammenarbeit von kleinen Vereinen wie BMM e.V. oder EFI e.V. mit grossen NGO´s wie der Osteueropahilfe und mit Kliniken wie der Kreisklinik Ebersberg gemGmbH oder den RoMed Kliniken GmbH über persönliche Beziehungen rasch und effektiv funktionieren kann.

EFI dankt allen, die Geld, Material oder auch „nur“ Arbeitszeit gespendet haben – aber mit dem Zusatz, dass das noch nicht vorbei ist. Wir machen nach Kräften weiter und sind auf jede Unterstützung angewiesen.

Juli 2022 – die „(hoffentlich) Nach-Corona-Planung“ beginnt

Nach zwei Jahren Pause soll in Absprache mit den örtlichen Freunden bald wieder in Haridwar gearbeitet werden – die Tickets, die wir bereits für den routinemässigen Einsatz im Herbst 2020 gekauft hatten, konnten Jahr für Jahr verlängert werden und sind auch 2022 noch gültig (gegen mehrfache, nicht ganz geringe Gebühr. Ältere Interplast-Aktive wie ich erinnern sich an Zeiten, in denen die Luftfahrgesellschaften NGO´s die Tickets schenkten oder stark ermässigten oder zumindest das ganze Gepäck kostenlos transportierten).

In Haridwar wurde zu den Hochzeiten von Covid 19 „unser“ Mela Hospital bis in die letzte Kammer genutzt, entsprechende bauliche und organisatorische Änderungen werden gerade von den örtlichen Rotariern erkundet. Zudem hat sich die Führungsriege der örtlichen Gesundheitsbehörden verändert, so dass hier nicht mit reibungslosen Abläufen gerechnet werden darf – zunächst ist zu klären, ob in der derzeitigen Situation das Mela Hospital überhaupt, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen von uns genutzt werden kann. Auch hier ist wohl nach Corona nichts wie vor Corona – immer vorausgesetzt, die Pandemie neigt sich dem Ende zu, was wir alle hoffen, was aber durchaus nicht feststeht.

Nach längerer Diskussion betrachten wir es als den vernünftigsten Weg, zunächst die o.g. Dinge zu klären und im positiven Fall erst einmal vor Ort zu sichten, wie weit die nun doch seit drei Jahren in einem Keller in Haridwar lagernden, zum Teil doch recht empfindlichen Ausrüstungsgegenstände noch vorhanden und dann in gebrauchsfertigem Zustand sind. Während wir ohnehin nicht mehr mit den bevorrateten Verbrauchsmaterialien und Medikamenten rechnen, geht es in erster Linie um die chirurgische und anästhesiologische Ausrüstung, also Elektrochirurgie, Op-Leuchten, Op-Tische, Sauerstofkonzentratoren, Perfusoren, Monitoring und vor allem das chirurgische Instrumentarium von der Pinzette bis zur Akku-Knochensäge und zum Dermatom, alles Gerätschaften, die EFI im Laufe der Jahre für Zehntausende von Euro angeschafft und in Haridwar (sowie zuletzt auch in Noida) genutzt hat. Hier ist erst einmal zu klären, wie der Bestand ist und in welchem Zustand sich die noch vorhandene Ausrüstung befindet. Gegebenenfalls muss Ersatz beschafft oder repariert werden, eine Aufgabe, die – auch entsprechend unseren aktuellen Erfahrungen bei der Hilfe für die Ukraine – nicht in ein paar Tagen zu bewältigen ist, auch nicht, wenn genügend Geld in der Kasse sein sollte. Medizinische Geräte unterliegen derzeit genauso den Problemen durch die unterbrochenen Lieferketten wie jedes andere Gerät, Lieferfristen von einigen Monaten sind eher die Regel als die Ausnahme.

Um all das auf einen vernünftigen Weg zu bringen, werden zwei oder drei Teammitglieder im Herbst mit den Tickets von 2020 nach Haridwar reisen, die Situation prüfen und entscheiden, was an Ausrüstung eventuell repariert, was neu beschafft oder ergänzt werden muss und in welcher Reihenfolge. Erst danach und nach Kassensturz wird man sehen können, ob es aussichtsreich sein wird, im Frühjahr 2023 mit einem kompletten Team aufzubrechen und da weiter zu machen, wo uns Covid 19 drei Jahre zuvor gestoppt hat.

Juli 2022 – 22-Tausend Dank an das Max-Mannheimer-Gymnasium Grafing

Noch sind nicht alle Spendenquittungen ausgedruckt und verteilt („Zuwendungsbestätigungen“ lautet die offizielle Bezeichnung im Finanzamts-Deutsch), aber schon sehr deutlich zeichnet sich ein ganz erstaunliches Ergebnis ab: die Spendensumme, aufgebracht durch die Sponsorinnen und Sponsoren von etwa 400 LäuferInnen aus allen Jahrgangsstufen, wird am Ende wohl bei mehr als € 21.000.- liegen, das ist weit mehr als wir uns erhofft hatten. Der Arbeitskreis „Schule ohne Rassismus“ unter der Leitung von Theresa Hogrefe, der seit inzwischen 20 Jahren in immer neuer Besetzung neben anderen Aktivitäten auch den EFI-Sponsorenlauf veranstaltet und betreut, hat auch heuer – nach dreijähriger Zwangspause wegen Umbau und Corona – wieder eine bemerkenswerte Performance hingelegt. Offenbar waren die Schülerinnen und Schüler selbst gut motiviert und hatten gleichzeitig alles an die Hand bekommen, was sie benötigten, um wiederum ihre Sponsoren zu motivieren.

Danke an alle, an Theresa Hogrefe, an Charles Squire und das übrige Team des AK Schule ohne Rassismus, nicht zuletzt an die Schulleiterin Nicole Storz dafür, dass sie die Tradition des Sponsorenlaufs weiter bestehen lässt und unterstützt!

Juli 2022 – endlich gibt es wieder (etwas) medizinisches Material

Nach langer Durststrecke und vor allem dank dem grossen Einsatz der Einkaufs-Chefin der Ebersberger Kreisklinik, Frau Cordula Werner, ist jetzt ein wesentlicher Teil der bestellten und schon vor Wochen zugesagten Medizinprodukte eingetroffen. Statt der geplanten und erhofften etwa 30 Paletten voll Material sind es letztlich nur acht geworden, die allerdings vollgepackt mit hochwertiger Ausrüstung (z.B. Venenverweilkanülen, Spezialverbände für Verletzungen von Brustkorb und Lunge, Nahtmaterial, Beatmungshilfsmittel wie Endotrachealtuben und Larynxmasken, Operationshandschuhe, Desinfektionsmittel, Spritzen, Infusionszubehör etc.) anstelle von „einfacheren“ Spenden wie Kompressen, Verbandszeug u.s.w.. All das ist derzeit kaum in grösseren Mengen lieferbar (die verfügbaren immerhin 50.000 Mullkompressen sind nicht wenig, aber auch nicht besonders viel), solange sich die überwiegend in Fernost hergestellten Artikel teils noch in den gesperrten chinesischen Häfen, teils auf Containerschiffen auf dem Seeweg befinden. Und kleine Hilfsorganisationen wie EFI sind auch nach Löschung der Ladungen in Hamburg nicht die erste Lieferadresse – zunächst werden die Zwischenhändler für die deutschen Kliniken und Praxen bedient.

Das Material im Einkausfswert von gut 50.000.- Euro lagert seit einigen Tagen, aber hoffentlich nicht mehr lange, in der Kreisklinik Ebersberg, von wo es in den nächsten Tagen abgeholt und in die Ukraine gebracht werden soll. Dafür zeichnet organisatorisch und finanziell der Wasserburger Verein „Begegnungen mit Menschen e.V.“ verantwortlich, danke an den Vorsitzenden Andreas Bauer und sein Team für die zugesagte erhebliche materielle Beteiligung und für die Transportorganisation.

Wir hoffen, dass mit unserem geringfügigen Beitrag, der aber gezielt über persönliche Kontakte an die Bedarfsorte gebracht wurde und wird, Verwundete wie unabhängig vom Kriegsgeschehen Erkrankte ein bisschen besser versorgt werden können; das in einer Umgebung, in der vorsätzlich und ohne Respekt vor dem Recht jedes Menschen mit grober Gewalt und aus Motiven, die wir bis vor einigen Wochen (vielleicht etwas zu sehr den eigenen Wünschen geschuldet) als aus einer anderen, vergangenen Zeit stammend betrachtet haben, Leid, Schmerz und Tod herbeigeführt und als Erfolg angesehen wird. Nicht nur das Gesundheitswesen, sondern selbstverständlich das gesamte Leben in dem riesigen Land, in dem die Einwohner geflüchtet sind, zwischen zerbombten Häuserruinen und in Kellern zu überleben versuchen oder den Tod oder die Kriegsgefangenschaft erleiden, liegt am Boden. Ob am Urlaubsort genügend heisses Wasser aus der Dusche kommt, ist eine Sorge, die von den Ukrainern nicht mit uns geteilt wird, und auch die Überlegung, ob wir denn noch helfen können, wenn wir nächsten Winter unsere Wohnungen zwei Grad weniger zu warm heizen, wie sie dieser Tage ein sogenannter Politiker im Deutschen Bundestag abgesondert hat, ist in Mariupol schwer zu vermitteln.

Mit der anstehenden mittlerweile fünften Hilfslieferung haben wir unsere Aufgabe aber natürlich nicht erledigt und abgehakt, vielmehr werden wir uns weiter engagieren, bis der Albtraum eines für lange Zeit wütenden Krieges in Europa (und anderswo) vorbei ist. Danke für Ihre Hilfe!

Juni 2022 – zurück nach drei Jahren: das Gymnasium Grafing (jetzt Max-Mannheimer-Gymnasium)

Drei Jahre war am Grafinger Gymnasium kein Sponsorenlauf möglich, 2019 wegen einer Generalsanierung der Schulgebäude (die auch mit viel Phantasie keine sicherheitsmässig vertretbare Laufstrecke erlaubte), 2020 und 21 – natürlich – pandemiebedingt. Dennoch ruhte das Gymnasium nicht, zum Beispiel engagierten sich SchülerInnen und ElterInnen bei einer landkreisweiten Fahrrad-Aktion, aus dem Umfeld des Arbeitskreises „SOR – Schule ohne Rassismus“ gingen immer wieder Spenden ein und vor allem blieb der Kontakt zwischen Frau Th. Hogrefe, der Leiterin des Arbeitskreises, der neu berufenen Schulleiterin Nicole Storz und EFI bestehen.

So konnte am 3. Juni nach langer Abstinenz, aber immerhin auf viel Tradition gestützt (die erste derartige Veranstalung zugunsten von EFI fand am Grafinger Gymnasium bereits 2001 statt) ein Sponsorenlauf mit reger Beteiligung gestartet werden, heuer bei gutem, trockenem, aber nicht zu heissem Wetter. Vom Zieleinlauf ging es für die TeilnehmerInnen nahtlos in die Pfingstferien, alles, was noch kommt (Listen, Zahlen, Beträge) hat Zeit bis in ein paar Wochen.

EFI hofft auf reichen Spendeneingang, neben den Aktivitäten für die Ukraine und für die Ebola- und Corona-Waisen in Sierra Leone bzw. Indien beginnen nun ja langsam auch die klassischen Interplast-Einsätze wieder bzw. im Fall von Haridwar die Vorbereitungen dafür. Im November wird ein kleines Team aus 2020 umgebuchte Tickets nutzen, um nach der EFI-Ausrüstung vor Ort zu sehen, d.h. nach Instrumenten, Änästhesie- und Chirurgiegerätschaften, Op-Leuchten, Op-Tischen, eingelagerten Verbrauchsmaterialien etc., welche wir dem in der Corona-Krise hochgefahrenen Krankenhaus in Haridwar zur Verfügung gestellt hatten. Es wäre keine Überraschung, wenn das eine oder andere Instrument oder Gerät reparaturbedürftig wäre oder sogar ersetzt werden müsste; die Liste der für einen ersten Einsatz nach Corona notwendigen Einmal-Materialien wird auf jeden Fall lang (und teuer) sein.

Herzlichen Dank Frau Storz für die Unterstützung, Frau Hogrefe und dem AK SOR für Vorbereitung, Durchführung und Ausdauer und allen SponsorInnen für ihre Spenden!

Mai 2022 – die Antibiotika sind angekommen, der Nachschub verzögert sich

Mit Intensivierung der kriegerischen Handlungen nicht nur jetzt auch im Westen des Landes sind unsere Materialtransporte schwieriger geworden (Raketen auf Odessa, vermutete Vorbereitung eines Überfalls auf Transnistrien im westlichen Nachbarstaat Moldau – Grösse etwa wie NRW; dieses ehemals rumänisch verwaltete Land gehörte später als Teil der Sozialistischen Republik Moldau und damit Teil der Sozialistischen Republik Ukraine der UdSSR an und hat sich nach Unabhängigkeit der Republik Moldau 1991 ohne völkerrechtliche Anerkennung zu einer selbständigen Republik erklärt. Der vorangehende Bürgerkrieg 1992 gab der russischen Armee die Gelegenheit, das Gebiet faktisch zu besetzen, mit russischer Administration und russischem Geld auszustatten und es faktisch zu annektieren. Die Vorgehensweise unterscheidet sich nicht wesentlich von den Abläufen, die jetzt auf der Krim und im Donbass eingeleitet wurden).

Wir freuen uns deshalb über die gestern eingegangene Nachricht, dass eine Lieferung von Antibiotika (s.o.), um die das Krankenhaus in Mykolajyw gebeten hatte, wohlbehalten ihr Ziel erreicht hat.

Weniger positiv sind die Nachrichten, die wir aus dem deutschen Medizinproduktehandel erhalten. Als Nachwirkung der Corona-Pandemie liegen, wie in vielen anderen Sparten auch, unendliche Mengen von Produkten in lockdown-bedingt blockierten Häfen (z.B. Shanghai, Hongkong, Singapur, Guangzhou; neun der 10 grössten Häfen der Welt liegen in China, von wo wir auch den grössten Teil unserer Medizinprodukte beziehen) in Containern und können nicht annähernd im üblichen Tempo abgewickelt werden. Mit dem Wenigen, was Europa erreicht, werden leider, aber verständlicherweise nicht in erster Priorität Organisationen wie der Ebersberger Förderverein Interplast bedacht, sondern die langjährigen Kunden im öffentlichen Gesundheitswesen. Diese klagen ihrerseits über Nachschubprobleme beträchtlichen Ausmasses. Trotzdem konnten wir zusammen mit der Einkaufsabteilung der Ebersberger Kreisklinik (danke, Frau Werner) und mit „Aktion Medeor e.V.“ in der Nähe von Krefeld Material im Wert von nahezu € 40.000.- einkaufen, welches in den nächsten Tagen geliefert und danach mit einem grossen LKW (wieder vermittelt von der Schweizerischen Osteuropa-Hilfe in Einsiedeln) in die Ukraine schaffen werden. Die finanzielle Last werden EFI und der Verein Begegnungen mit Menschen gemeinsam tragen – wir schaffen das.

Wir hoffen sehr, dass wir in ein, zwei Wochen erneut von einem gelungenen Transport berichten können!

 

Nachtrag Mitte Juni: leider haben einige Medizinproduktehändler unsere Bestellungen zwar entgegen genommen, sich aber kurz danach für unfähig erklärt, die Produkte zu liefern. Als gemeinsamen Grund geben sie die Unterbrechung der Lieferketten durch lockdown Massnahmen im Hafen von Shanghai und anderer chinesischer Städte an. Wie abhängig die europäische Wirtschaft geworden ist bzw. sich gemacht hat, stimmt einen doch nachdenklich – sind wir tatsächlich im Falle eines akuten Bedarfs (es muss ja kein Krieg sein) nicht in der Lage, relativ einfache Waren wie Kompressen, Tupfer, Infusionslösungen, Pinzetten, Heftpflaster u.s.w. verfügbar zu machen?

April 2022 – Antibiotika für Mykolajyw

Während sich die Materialbeschaffung für den zweiten „EFI-LKW“ verzögert (der Medizinproduktehandel ist nicht in der Lage, grössere Mengen zu liefern und sagt uns, es wäre zur Zeit schwierig genug, den laufenden Betrieb der Kliniken in Deutschland zu bedienen), konnten wir über die EFI-Apotheke eine relevante Portion von breit wirksamen Antibiotika beziehen. Um diese waren wir aus der Klinik in Mykolajyw dringend gebeten worden, einer städtischen Klinik, die seit Ende Februar täglich zwischen zehn und 20 akut durch Kriegshandlungen Verletzte behandelt. Die Medikamente im Wert von einigen Tausend Euro werden Ende der Woche von einem Bekannten des schon genannten ukrainischen Kollegen privat in die zunehmend russischen Angriffen ausgesetzte südukrainische Grossstadt gebracht werden.

Schon die Corona-Pandemie hatte schlagartig gezeigt, dass die Medikamentenversorgung (und auch die mit anderen im Gesundheitswesen erforderlichen Materialien wie Masken, Kittel, Desinfektionsmittel etc.) sehr fragil und höchst störanfällig ist. Grosse bis grösste Teile der Produktion (in der Pharmazie z.B. fast 90%, bei Standardmedikamenten sogar 100%; vor allem auch bei Ausgangsstoffen) finden in Indien, China und weiteren Ländern des asiatischen Ostens und Südostens statt, wo die Herstellung dank niedrigen Löhnen und leider auch – da will keiner so genau hinschauen – niedrigeren Umweltstandards kostengünstiger ist. Es herrscht kaum Dissens, dass diese „Kostengünstigkeit“ eine sehr kurzsichtige Angelegenheit ist; die Gefährdung der Gesundheit ganzer Bevölkerungen zur Herstellung von Medikamenten zur Verbesserung der Gesundheit anderswo auf der Welt ist kein Einzelbeispiel, aber jedenfalls von bemerkenswertem Zynismus.

Ob sich die industrielle Entwicklung zurück drehen lässt mit Dezentralisierung  und Rückverlagerung der Produktionsstätten an den Ort des Bedarfs (z.B. EU oder kleiner), ist sehr fraglich – jedenfalls ist es keine Angelegenheit von ein paar wenigen Jahren.

Die Spende an Nahtmaterial ist wie gesagt (s.o., Aktuelles) heil eingegangen, das Dankschreiben der Klinik hängt dieser Meldung an:

„Die Verwaltung von KNP MMR „City Hospital of Ambulance“ von Nikolaev drückt Respekt und Dankbarkeit dem deutschen Volk und Ihnen persönlich fur die Unterstützung des Widerstands des ukrainischen Volkes gegen die russische Aggression aus. Unser Krankenhaus ist eine fortschrittliche medizinische Einrichtung, die seit Kriegsbeginn mehr als 800 zivilen Opfern und Verwundeten geholfen hat. Das Krankenhauspersonal ist dankbar für jede Hilfe, die wir von der Europäischen Union erhalten. Wir fühlen uns wie ein Mitglied Ihrer großen Familie. und wir streben nach Frieden und Entwicklung in europäischen Ländern ohne die Schrecken des Krieges und die Zerstörung von Städten. Wir hoffen, dass wir Ihnen und Ihrem Vaterland in jedem Fall nützlich sein werden.

З повагою, Директор КНП ММР «Міська лікарня швидкої медичної допомоги“