Oktober 2022 – reparieren statt amputieren

Verletzungen durch Granatsplitter verursachten schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg immenses Leid und vor allem lebenslange Folgen im Sinne der „Kriegsversehrung“ – für die, die überlebten. Amputierte Gliedmassen, vor allem ganze Beine oder „nur“ Unterschenkel waren ausserordentlich häufig und geradezu ein Kennzeichen der Heimkehrer von der Front. Neben dem menschlichen Leid sind nicht arbeitsfähige, aber zu versorgende Kriegsverwundete, so kalt das auch klingen mag, auch ein wirtschaftlicher Faktor in Zeiten des Wiederaufbaus – Deutschland, die USA, Viet Nam, Ruanda, Angola und Dutzende andere Länder sind erschütternde Beispiele dafür.

Das hat sich bis heute nicht geändert – im Gegenteil, die Waffenindustrie hat sogar Sprengkörper entwickelt, deren Ziel es ist, möglichst viele und möglichst schwere derartige Verletzungen hervorzurufen. Sie werden als Splitterbomben bezeichnet und sind im Gegensatz zu Streubomben nicht geächtet (weil sie das kriegsrechtlich legitime Ziel der Zerstörung von Fahrzeugen etc. haben). Je kleiner die Splitter sind und je mehr kleines Splittermaterial in den Bombenmantel integriert wird, desto eindeutiger sind diese Streubomben gegen Personen gerichtet, und genau so werden sie im Ukraine-Krieg verwendet, in dem der Angreifer Russland auch sonst in brutalster Weise alle Konventionen missachtet z.B. durch Zerstörung von Trinkwasser- und Energieanlagen zu Lasten der Zivilbevölkerung.

Die engagierten und hervorragend aussgebildeten ukrainischen Ärztinnen und Ärzte, die seit Februar über sich hinaus wachsen und unter unvorstellbaren Bedingungen Unvorstellbares leisten, sind fachlich selbstverständlich in der Lage, schwere und schwerste derartige Verletzungen nach dem Stand der Kunst zu behandeln. Woran es allerdings zunehmend fehlt, sind spezielle Materialien, im Falle der Splitterverletzungen zum Beispiel Gefässersatzmaterial, das oft genug über den Unterschied zwischen Wiederherstellung der Blutbahn eines verletzten Gliedes und Amputation entscheidet.

EFI konnte über die inzwischen gut etablierten Beschaffungswege (danke wieder einmal an das Team der Kreisklinik Ebersberg, die ihrer Rechtsform als gemeinnützige Gesellschaft Ehre macht) für mehrere Tausend Euro derartiges Ersatzmaterial (Goretex-Prothesen und Patches) beschaffen und auf den „Ameisenweg“ in ein ukrainisches Krankenhaus bringen. Wir hoffen, dass damit einige Amputationen vermieden und zum Überleben einiger schwer Verletzter beigetragen werden kann.