Monat: Juli 2024
Juli 2024 – Strom für die Versorgung der Verletzten
Nach Presseangaben wurden durch gezielte russische Angriffe etwa 80 % der sog. „kritische Infrastruktur“ in der Ukraine zerstört. In einfacheren Worten: es ist gelungen, das Leben der widerrechtlich überfallenen Ukrainerinnen und Ukrainer mit Waffengewalt in ganz erheblichem Umfang zu stören, zu erschweren und in Teilen des Landes unmöglich zu machen.
Selbstverständlich sind auch medizinische Einrichtungen vom Sanitätsposten bis zum Herz-Op einer Universitätsklinik ganz essentiell auf die Versorgungseinrichtungen angewiesen, deren Wichtigkeit uns oft erst bewusst wird, wenn sie fehlen: Elektrizität, Wasser, Entsorgung, eventuell Gas und andere Energieträger. Bei Beleuchtung und beim Betrieb medizinischer Gerätschaften lässt sich kaum auf elektrischen Strom verzichten. Deshalb hat EFI bereits in der Vergangenheit (s. „Aktuelles“, November 23) Stromgeneratoren an- und in die Ukraine geschafft, überwiegend solche, die mit Diesel oder Benzin betrieben werden. Um einen Puffer für Engpässe an Treibstoff zu schaffen, waren auch damals bereits kleinere Solargeneratoren unter den beschafften Geräten.
Auf Bitten der Kolleginnen und Kollegen in der am härtesten umkämpften Ostukraine, aber auch aus von den Raketenangriffen und ihren Folgen für die Stromversorgung betroffenen Kliniken weiter westlich bzw. in der Zentralukraine haben wir für etwa € 5.000.- vier zusätzliche Generatoren mit je 2.500 Watt Leistung beschafft, dazu zwei Solar-Power-Stationen mit zusammen über 3 kWh Kapazität – genug, um Op-Beleuchtung, Sauerstofferzeuger, Absaugpumpen etc. für einige Zeit zu betreiben. Alle Geräte gehen morgen (30. Juli 24) auf den Transport in Richtung Mykolayiw und werden hoffentlich gut ankommen und rasch ihren Zweck erfüllen.
Juli 2024 – leider nur ein Tropfen auf den heissen Stein
Nach der Bombardierung der Kiewer Klinik Okhmatdet konnten mittlerweile einige Kinder, die aktuell unter Chemotherapie stehen, nach Deutschland und in andere Länder verlegt werden. Das gestaltete sich in der administrativen Abwicklung wesentlich einfacher als die Übernahme schwer verletzter Kinder aus dem Gaza-Streifen, bei denen die medizinisch nahezu abgeschlossenen Planungen daran scheiterten, dass in den Augen des zuständigen deutschen Ministeriums die zwingend notwendigen Begleitpersonen nicht in entsprechender Geschwindigkeit auf ihre Nebentätigkeit als Terrorist*innen überprüft werden konnten; ausserdem sei die Rücknahme nach Behandlung nicht gewährleistet. Eine recht zynische Position, wie ich meine.
In einigen anderen Ländern (z.B. Italien, USA, Niederlande) scheint die Lage diesbezüglich anders zu sein, dort sind palästinensische Kinder aus dem Gaza-Streifen zur Behandlung übernommen und bereits behandelt worden. Von den auch unter Beteiligung der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC) verfügbar gemachten ca. 40 klinischen Behandlungsplätzen in Deutschland konnte dagegen keiner genutzt werden, vielmehr sind Stand gestern bereits sieben der Kinder verstorben. Damit ist zugegebenermassen auch das Problem der Rückführung erledigt.
Den aufnehmenden Krankeneinrichtungen in der Ukraine, die für das zerbombte Kiewer Klinikum einspringen (es ist – war – das grösste Kinderkrankenhaus der Ukraine) fehlt es leider an allen Ecken und Enden an Material, Gerätschaften und Medikamenten. Für einen LKW, der gestern München verlassen hat (s. Aktuelles, März 24), konnten wir dank rascher und engagierter Hilfe eines Medizinartikel-Händlers, mit dem EFI seit vielen Jahren zusammenarbeitet, innerhalb von nicht einmal 36 Stunden eine ganze Palette Infusionssysteme und dazu 2.000 Venenverweilkanülen beisteuern. Auch beim Preis hat uns die Firma grosszügig unterstützt. Wir hoffen, dass die Lieferung in gutem Zustand übergeben werden kann und wir sind zuversichtlich, dass mit weiterer Hilfe durch diese und vielleicht andere Firmen unsere begrenzten Mittel noch für einige Lastwagenfüllungen ausreichen. Danke!
Nachtrag 04-08-24: das gesamte Material wurde von der ukrainischen NGO „United“ entgegengenommen, welche unsere (und andere) Spenden an der polnisch-ukrainischen Grenze übernimmt und sie nach akutem Bedarf an die entsprechenden Bedarfsstellen verteilt.
Ein Teil der überbrachten Hilfsgüter wird bereits von den Empfängern erwartet (wir bemühen uns ja nach Möglichkeit, als fehlend und dringend benötigte gemeldete Waren bevorzugt zu beschaffen und zu liefern), so auch bei dieser Lieferung.
Genauso kann die unregelmässig und in wechslendem Umfang verfügbare Transportkapazität aber auch mit Dingen aufgefüllt und genutzt werden, die nach aller Erfahrung immer gebraucht werden; hierzu zählen z.B. „einfache“ Verbandsmaterialien, Medikamente des üblichen Bedarfs (Analgetika, Antibiotika, Infusionen etc.), aber auch Kindernahrung, Artikel der täglichen Hygiene u.s.w..
Die Verteilung durch ortskundige und über ihre eigenen Informationskanäle mit der aktuellen Bedarfssituation unterrichtete Parterinnen und Partner ist für uns eine wichtige Entlastung und ein Ablauf, der nach bestem Wissen die möglichst nützliche Verwendung von Sach- und Geldspenden sichert.
Juli 2024 – Rekordergebnis beim Spendenlauf des Grafinger Gymnasiums
Der im Mai bei schwierigem Wetter durchgeführte Sponsorenlauf des Max-Mannheimer-Gymnasiums Grafing erbrachte ein Rekordergebnis: von den Schülerinnen und Schülern aller Klassen hatten sich 494 angemeldet, das ist ziemlich genau die Hälfte der gesamten Schülerschaft. Für die insgesamt gelaufenen fast 6.000 Runden gingen die mit den Sponsoren vereinbarten Spenden in Höhe von gut 20.000 Euro ein.
Ein Ereignis am Rande: heuer lief zum ersten Mal der Sohn (Jahrgang 2017) eines ehemaligen Schülers (Jahrgang 1984) mit, welcher selbst in den ersten Jahren des Sponsorenlaufs als Schüler seine Runden um das Gymnasium gedreht hatte. Seine Eltern haben auch heuer wieder gespendet, diesmal als Grosseltern.
Dafür wurden nicht weniger als 433 steuerlich verwendbare Spendenquittungen („Zuwendungsbestätigungen“) über Spendenbeträge zwischen 8 und 340 Euro erstellt, geprüft, unterschrieben und rechtzeitig vor Ferienbeginn am 31. Juli verteilt.
Ein Betrag dieser Grössenordnung kam in Grafing sehr zur Freude von EFI erstmals zusammen. Erfreulich ist aber nicht in erster Linie das so besonders gute Ergebnis in Euro, sondern die Tatsache, dass der Arbeitskreis Schule ohne Rassismus, geführt von Theresa Hogrefe aus dem Grafinger Lehrkörper, sich selbst, die Schüler, die Sponsoren und einige Lehrkräfte Jahr für Jahr motiviert und den Sponsorenlauf zu einer Veranstaltung gemacht hat, die seit 2001 zu den Jahresereignissen des auch an anderen „Fronten“ sehr aktiven Gymnasiums zählt. Nicht nur Frau Hogrefe hat daran einen wichtigen Anteil, sondern natürlich auch Frau Nicole Storz, die als Leiterin des Gymnasiums die Fäden in der Hand hält und keine Mühe scheut, viele von aussen kaum zu beurteilende Dinge (Stundenplan, weitere Veranstaltungen, Baumassnahmen im Bereich der Laufstrecke etc., Koordination mit anderen Arbeitskreisen wie Musik oder Sanität) passend zu gestalten – danke allen Beteiligten und Vorfreude auf 2025!
Juni 2024 – Nachschub für die ukrainischen Freunde und ein Todesfall
Über einen der schon mehrfach genannten „Ameisenpfade“, diesmal einer, der auf Studienzeiten unseres Ebersberger Freundes und Kollegen Volodymyr Kobetskyi zurück geht, konnten wir eine weitere von einem US-Militärausrüster bezogene Ladung Verbandsmaterialien in die Nähe der Front schicken. Diese Spezialverbände dienen einmal der raschen Versorgung von Verletzungen, die den Brustkorb betreffen und seltener durch direkte Schüsse, meistens durch Granaten- und Bombensplitter hervorgerufen werden. Ein zweiter Teil bestand aus sog. Tourniquets, also speziellen Binden zum raschen Unterbrechen der Durchblutung an verletzten, stark blutenden Extremitäten.
Einen herben persönlichen Verlust haben die Freunde erlitten, die mit Unterstützung von EFI seit dem letzten Jahr Material und Medikamente nach Kiew transportiert haben (s. „Aktuelles“, März 2024). Bei dem verbrecherischen Raketenangriff auf das grösste ukrainische Kinderkrankenhaus „Okhmatdet“ in Kiew, das ein wichtiger Empfänger dieser Sachspenden war, kamen mehrere Menschen direkt ums Leben; eines der Opfer war die junge Kinderärztin und Kollegin Svitlana Lukyanchuk (30 Jahre), die unsere Spenden vor Ort in Empfang genommen und dem bestmöglichen Einsatz zugeführt hat.
Die Statistik weist bisher zwei Tote und 15 Verletzte auf. Das ist leider nur die halbe Wahrheit, denn die weiteren Bilder, die wir erhalten haben, zeigen eine grosse Zahl von Kindern, überwiegend im Vorschulalter, wie sie vor den Trümmern ihrer Klinik am Boden sitzen. Viele davon stehen offensichtlich unter Chemotherapie, und die Tatsache, dass angeblich heute bereits alle in andere Kliniken überstellt worden sind, ist nur ein schwacher Trost. Die bestmögliche Therapie mit Chemotherapeutika ist nicht nur eine fachliche, sondern auch eine logistische Herausforderung. Chemotherapeutika sind schwierig im Handling, weder die materiellen noch die personellen Voraussetzungen sind in der geplagten Ukraine beliebig verfügbar. Nach meiner Einschätzung werden mit mehrwöchigem Abstand weitere Todesfälle dazu kommen, die aber dann wohl nicht mehr direkt auf die russische Gewaltanwendung zurückgeführt werden können, sondern unter „Tod durch schwere Erkrankung“ in die Statistiken eingehen werden. So wie es auch bei Todesfällen durch Unterernährung, Lungenprobleme infolge Kälte, durch Fehlen der richtigen Medikation bei chronischen Krankheiten etc. der Fall ist.
Es muss trotzdem weitergehen, und glücklicherweise konnten wir bereits neue persönliche Kontakte gewinnen, die mit uns zur Zusammenarbeit bei den Hilfslieferungen bereit sind.